2.6 Leverage-Formel als Kennzahlensystem

2.6.1   Problemstellung, Begriff, Rentabilitätskennzahlen

Das Problem, das hier Diskussion gestellt wird, berührt nun folgenden Sachverhalt:
Ein Unternehmen stehe vor der Aufgabe, zur Erweiterung seines Geschäftsbetriebes eine Investition in Höhe von - sagen wir - 100.000,00 EUR durchzuführen.
Der sich daraus begründende Kapitalbedarf soll über Außenfinanzierung gedeckt werden, und zwar entweder a) durch Einbringen weiterer Einlagen als Eigenmittel (Eigenkapital) oder b) durch Aufnahme eines Darlehens (Fremdkapital).

Neben anderen Zielen soll sich durch die Investition auch die Eigenkapitalrentabilität ekr [% p. a.], denn - wie am Beispiel des Kennzahlensystems ZVEI deutlich wurde - ist die stete Verbesserung der Eigenkapitalrentabilität ein wichtiges Unternehmensziel.

Die hier zu diskutierende Frage ist, ob sich eine Verbesserung der Eigenkapitalrentabilität auch dann erreichen lässt, wenn der Kapitalbedarf ausschließlich über die Aufnahme des Darlehens gedeckt wird, wohl wissend, dass als Aufwandsgröße Fremdkapitalzinsen anfallen.

Diese Fragestellung führt uns zum Thema "Leverage-Effekt" (Hebel-Effekt), denn in der Tat lässt sich zeigen, dass sich unter bestimmten Voraussetzungen die Eigenkapitalrentabilität ekr durch Erhöhung des Fremdkapitals steigern lässt!

Unter dem Leverage-Effekt wird jene Hebelwirkung verstanden, die sich daraus ergibt, dass die Eigenkapitalrentabilität ekr [% p. a.] auch dann gesteigert werden kann, wenn der Anteil der Fremdfinanzierung des Unternehmens zunimmt.

Voraussetzung für diese Wirkung ist, dass die Gesamtkapitalrentabilität gkr [% p. a.] größer ist als der Zinssatz i [% p. a.] für die Aufnahme von weiterem Fremdkapital.1

Die für die Ermittlung des Leverage-Effekts benötigte Formel kann wie folgt abgeleitet und bestimmt werden (siehe auch Seite Knz 1211):

♦ Eigenkapitalrentabilität ekr
und Gesamtkapitalrentabilität gkr


Die Ziel- und Bewertungsgröße "Eigenkapitalrentabilität" (Kurzzeichen "ekr") wird folgt berechnet:



Zu beachten ist, dass im Nenner der Formel das durchschnittliche Eigenkapital anzusetzen, weil der "Gewinn" eine Zeitraumgröße, das "Eigenkapital" aber eine Stichtagsgröße (Bestandsgröße) ist.

Fakt ist nun, dass ein im Geschäftsbetrieb eines Unternehmens erwirtschafteter Gewinn G - aus der Sicht der Finanzierung und damit des eingesetzten Kapitals - immer auf den Einsatz sowohl von Eigenkapital als auch von Fremdkapital zurückzuführen.

Dabei ist wiederum zu beachten, dass der Einsatz des Fremdkapitals seinen "Preis" hatte, und dies sind die Fremdkapitalzinsen.
Wenn es - rechnerisch - zu einem Gewinn kommt, dann mussten diese Fremdkapitalzinsen (Größe Z) mit erwirtschaftet werden!

Die Rechnung für die Ermittlung einer Gesamtkapitalrentabilität (Symbol gkr) muss demzufolge so gestaltet werden, dass die erwirtschafteten Fremdkapitalzinsen dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden.
Wir erhalten dann folgende Berechnungsformel für die Größe gkr:



Um nun die Wirkung der Kapitalstruktur (Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital) auf die Höhe der Eigenkapitalrentabilität sichtbar zu machen, müssen bei der obigen Berechnungsformel einige Umstellungen vorgenommen werden (siehe Folgeseite).


1 Siehe hierzu auch:
von KÄNEL, S.: Arbeitsbuch zu Betriebswirtschaftslehre. Eine Einführung. Springer-Gabler Verlag, Wiesbaden.
OLFERT, K.: Finanzierung. Kiehl Verlag, Herne..